Die Technik war früher eine andere

Der Trick, der mit einer Balgenkamera möglich ist, den kannst du mit einer heute gängigen Kamera nicht oder mit Shift-Objektiv nur begrenzt nachstellen.

Der Kern des Tricks liegt darin, dass sich bei einer Balgenkamera Filmebene und Objektivebene - in Grenzen - nahezu beliebig gegeneinander verschieben lassen.

Wie ist der Fotograf des historischen Fotos wahrscheinlich vorgegangen?

Natürlich mit Stativ. Er hat zunächst die Filmebene am hinteren Ende des Balgens mit der Wasserwaage genau horizontal und vertikal ausgerichtet. Zur Kontrolle gabs auch Hilfslinien auf der Mattscheibe. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Filmebene und die Basislinien der Häuser genau übereinstimmen. Es gibt also keine stürzenden Linien.

Anschließend hat er das Objektiv am vorderen Ende des Balgens so positioniert, dass er alles aufs Bild bekommt. Dazu gibts nicht nur die Parallelverschiebung. Man kann das Objektiv über seine horizontale und vertikale Achse - in Grenzen - auch schwenken/kippen. Trotzdem gibts keine stürzenden Linien, weil die Filmebene eben parallel zu den Architekturlinien ausgerichtet ist.

Ich habe mir bei meinen entsprechenden Experimenten in der Jugendzeit ein schwarzes Tuch über Balgen und den eigenen Kopf gelegt, um das Bild an der Mattscheibe genau ausrichten zu können. Das ist eine ziemliche Fummelei. Das Objektiv bringt immer ein kreisrundes Bild und man musste versuchen, dass davon noch ein akzeptabler Ausschnitt auf der Mattscheibe landete.

Wenn alles ausgerichtet war, wurde der Planfilm in einer Kassette auf Höhe der Mattscheibe eingesteckt, der Objektivverschluss geschlosssen, dann der Schieber der Planfilmkassette hochgezogen, belichtet und die Kassette danach wieder mit dem Schieber lichtdicht verschlossen und entnommen.

Bei heute gängigen Kameras sind die "Film"-Sensor-Ebene und die Objektivebene starr miteinander verbunden und nicht variierbar. Von daher kannst du bestenfalls versuchen, ob ein Shift-Objektiv das nachstellen könnte. Über den Preis eines solchen Objektivs sprechen wir lieber nicht.

Ich würde zunächst damit experimentieren, das Foto am gleichen Standort aus verschiedenen Höhen aufzunehmen. Anschließend kannst du versuchen, die Fotos mit einer Panoramafunktion (hat schon das günstige PS Elements) zusammenzufügen. Es gibt beispielsweise Einbeinstative, die man mit Kamera möglichst senkrecht in die Höhe halten kann.

Aber ganz klar: mit einer Kleinbildkamera kannst du niemals die Fähigkeiten "nachspielen", die eine Balgenkamera besitzt. Wenn du in der Bucht nach Linhof suchst, bekommst du einen Eindruck, worum es geht,