Seit zwei Jahrzehnten wird von Politik und Wirtschaft nach einem "europäischen Google" gerufen.

... passiert ist exakt nichts.

Das liegt nicht daran, dass man in unseren Breiten nicht kreativ oder innovativ wäre. Das liegt vielmehr daran, das (moderne) IT hier immer noch "Neuland" und deren intensive, finanzielle Förderung durch die Staaten (wie es z.B. in den USA oder China der Fall ist) quasi kaum existent ist. Und gibt es mal Fördermittel, so sind das "Aerosole auf heißem Stein", die weder einem Startup, noch etablierten Unternehmen genügen, um die Entwicklung richtig voran zu treiben.

Auch dies ist ein Generationen-Problem. Wieder stehen die "alten weißen Männer" dem Fortschritt entgegen.

Überall, besonders in Deutschland, wird nach "Digitalisierung" geschrien, tatsächlich ist aber eine "Analogsierung" gewünscht: Digitale Lösungen sollen aus dem Arbeitsalltag bekannte Vorgehenswesen idealerweise 1:1 am Bildschirm widerspiegeln. In der Folge werden die bisherigen Formulare samt fingerdicken Ausfüll- und Bearbeitungshinweise zu PDF, die man dann bestenfalls (aber beileibe nicht immer) am Bildschirm ausfüllen, danach ausdrucken und zum Amt tragen darf... Innovativere, ggf. notwendige Tätigkeiten und Angaben auf das Notwendigste reduzierende Lösungen gelten als Teufelswerk in der Welt des "das haben wir schon immer so getan" und des " das haben wir noch nie so gemacht". Bürokratie muss sich auch in Nullen und Einsen wiederfinden.

Hinzu kommt ein vollkommen falsch verstandener Datenschutzansatz, der in so irren Dingen, wie den Cookie-Zustimmungsarien noch lange nicht endet. Funktionieren Apps oder eine Websites nicht, wenn man nicht einem Mindestmaß an Google- und Facebook-Spionage zustimmt oder behandelt einen der Zahnarzt nicht, wenn man nicht vorher ein Datenschutzblatt unterzeichnet hat (nachdem man zuvor dessen Rechnungseinzugs-Unternehmen eine Tonne von Daten und Zustimmungen gegeben hat), so werden die Zustimmungen an sich beliebig. Zugleich sorgen solche Regelungen dafür, dass innovative Ansätze von Startups aber auch etablierten Unternehmen an ihnen scheitern. Das schlimmste für Gesetzgeber und Kontrollinstitutionen sind nämlich Konzepte, die wirklich neu sind und keinem bekannten Vorbild folgen.

Ein deutsches Google, Facebook oder auch "nur" Microsoft würde es nie bzw. nur dann geben, wenn es eine Kopie des altbekannten ist. Und so etwas braucht niemand.

Zurück zum Thema: Ist es nicht erschreckend, dass ein Szenario, wie das von mir beschriebene, eben nicht den USA bzw. den US-amerikanischen Unternehmen schaden würde, sondern uns selbst? Wie konnte man es über Jahrzehnte hinweg zulassen, dass es dazu kommt? Wenn morgen ein Irrer, wie Herr Trump, meint, Google- oder Amazon-Dienste für EU-Staaten abzuschalten, sitzen wir binnen kürzester Zeit wieder "alternativlos" (nein, selbst SAP hilft uns dann nicht weiter) bei Lagerfeuerschein in feuchten Höhlen. Und trotzdem ändert sich an der IT-Politik der EU praktisch nichts.
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Macerer vom Dienst